Eichendorffs „Das zerbrochene Ringlein“ ist ein typisches romantisches Gedicht, das uns bewusst macht, dass wir Menschen schon vor Jahrhunderten so waren wie heute: Wir liebten und litten, freuten und verzweifelten… und immer doch ging das Leben um uns herum einfach weiter. Lesen Sie hier den Originaltext und einige Gedanken dazu.
Dieses Gedicht gehört zu den bekanntesten Werken deutscher Lyrik – hier finden Sie mehr berühmte Gedichte.

Da wärs auf einmal still
Foto von Zoriana Stakhniv auf Unsplash
Der Gedichtefreund hat noch mehr Gedichte von Eichendorff für Sie bereit, zum Beispiel Sehnsucht oder Mondnacht. Aber auch eigene romantische Gedichte finden Sie hier.
Nun aber viel Spaß mit Eichendorff und seinem zerbrochenen Ringlein!
Das Gedicht
In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein’n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen,
Und gehn von Haus zu Haus.
Ich möcht als Reiter fliegen
Wohl in die blutge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.
Hör ich das Mühlrad gehen:
Ich weiß nicht, was ich will –
Ich möcht am liebsten sterben,
Da wärs auf einmal still!

Einige Gedanken zum Gedicht
Bitte erwarten Sie hier keine Interpretation, die Sie für den Deutschunterricht oder den nächsten Literaturstammtisch benutzen können – stattdessen finden Sie hier bloß einige zusammenhangslose Gedanken zum Gedicht, eine gute Interpretation findet sich zum Beispiel bei Studyflix.
Ich gestehe: Das zerbrochene Ringlein (oft auch: „In einem kühlen Grunde“) war mir lange nicht bekannt. Als typischer Vertreter der romantischen Lyrik wird es wohl oft im Deutschunterricht besprochen, war aber bei mir nicht der Fall. Nun denn, so kann es kommen.
Für mich stechen, für all diejenigen, die nicht viel mit Gedichten anfangen können, aber trotzdem unter uns Gedichtefreunden leben müssen, zwei Dinge heraus, die Ihnen vielleicht helfen, unsere gedichtefreundsche Liebe für alte Gedichte zu verstehen: Denn vordergründig etwas unepische lyrische Werke wie dieses (verglichen mit „Der Krieg“ von Heym zum Beispiel stinkt es an Dramatik ziemlich ab), zeigen uns trotzdem auf eindrückliche Weise, dass der Mensch eben immer auch schon Mensch war, und dass manche Gefühle auch in dem, was wir mitunter noch als Mittelalter bezeichnen, schon genauso gefühlt wurden wie heute. Das sagt etwas über uns aus, als Menschen in einer modernen Welt, in der immer noch uralte hormonelle Algorithmen ablaufen, vielleicht auch über die Tiere, mit denen wir gemeinsame Vorfahren teilen.
Was meine ich? Nur zwei Beispiele aus dem zerbrochenen Ringlein:
Das erste Beispiel ist der Inhalt an sich. Geben Sie zu, Sie waren auch schon einmal unglücklich verliebt. Das lyrische Ich bei Eichendorff war sogar extrem verliebt, und offenbar beruhte das zumindest zeitweise auf Gegenseitigkeit, denn die Geliebte schenkte dem Herrn einen Ring. Dieser „zerbrach“, aus der Liebe wurde also nichts und alles war Mist. Und zwar so schlimmer Mist, dass alles andere an Wichtigkeit verlor: Das lyrische Ich hat keinen Bock mehr auf Annehmlichkeiten, sehnt sich nach einem Naturzustand zurück, wo er im Feld am Feuer schläft. Sehnt sich sogar nach dem Tod, will in den Krieg ziehen. Haben Sie sich nicht auch schonmal so verdammt verzweifelt gefühlt, nur weil Ihnen Ihre Hormone aus einem verpassten Lebensglück ein Bein gestellt haben?
Das zweite Beispiel ist der tiefere Sinn mit dem Mühlrad und dem Ring. Beide sind offenbar ringförmige Symbole, das eine für etwas Vergängliches (Ring für die Liebe) und das andere etwas Beständiges (Das Mühlrad dreht sich immer weiter, weil der Fluss stoisch immer weiter fließt, als Symbol für die Natur und das ewige Leben, das sich nicht um die Liebesdinge der Menschen schert). Das Ringlein zerbrach, aber das Leben geht offenbar weiter – was für eine verdammte Frechheit! Die einzige Möglichkeit, sich aus dem trotz seines persönlichen Verderbens weiterfließenden Lebensfluss zu entfernen ist der Tod, den sich das lyrische Ich also herbeisehnt. Ist das nicht wunderschön? Wie Ring und Mühlrad hier symbolisch verwendet werden? Und – alles in der Kunst beruft sich auf bereits bestehendes – die gleichen Lieder werden auch heute noch gesungen. Zum Beispiel in Farin Urlaubs „Sonne“. Da singt er „Traurig sein hat keinen Sinn / Die Sonne scheint auch weiterhin / das macht den Schmerz ja so brutal / die Sonne scheint als wär es ihr egal“.
Am Ende aber zieht Urlaub einen anderen Schluss: Er wünscht sich nicht, vor Trauer zu sterben, sondern er bezieht sich auf die verlorene Liebe: „Ich weiß nicht was die Zukunft bringt / und auch wenn das jetzt kitschig klingt / ich hab heut Nacht um dich geweint / ich wünsch dir, dass die Sonne für dich scheint“.
Hach ja, die Natur, die Lyrik, die Liebe, das Leben – wollen Sie nicht auch endlich ein Gedichtefreund werden?

Wo Sie schon mal hier sind…
Fahr raus
Fahr nur ganz weit raus
so weit das letzte Benzin dich trägt
das dir diese Erde gibt –
fahr nur raus.
Dorthin, wo keine Lichter scheinen
fahr mit den deinen
fahrt weit raus
dann schaut hinauf in Nächten
und fühlt in euren Herzen
was das Universum mit euch macht
die leichten Schmerzen
fahrt ganz weit raus
und lacht.
Sperriges Gedicht über das Universum
Man sollte nicht zu lange draußen liegen,
in dunkelschwarzen Nächten,
und durch melancholische Gedanken fliegen,
und träumen von unvorstellbar‘ Mächten.
Man darf dann nicht zu kräftig in den Himmel schauen,
in diesen dunkelschwarzen Nächten,
denn dann könnte es zu stark im Magen flauen,
wenn die Gedanken an die Ferne zuviel Chaos brächten.
Man sollte nicht das Universum überdenken,
in diesen dunkelschwarzen Nächten,
seine Kräfte besser auf seine irdischen Probleme lenken,
zur Not auch auf die Schlechten.
Die Unendlichkeit
Unendlichkeit, was soll das sein?
macht Unendlichkeit mich klein?
Unvorstellbar groß, okay,
da tut mir nicht das Ego weh.
Aber Unendlichkeit, ich weiß ja nicht.
Universum, sag mir ins Gesicht:
Hast du wirklich keinen Rand?
Bin ich wirklich so insignifikant?
Doch das Universum schweigt.
Es schweigt in die Unendlichkeit.
