Joseph von Eichendorff: Mondnacht

Die „Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff dürfte das berühmteste Gedicht dieses an berühmt gewordenen Gedichten nicht armen Dichters sein. Es stammt aus dem Jahre 1837 und beschreibt in vermeintlich einfachen Worten, die oberflächlich betrachtet von der nächtlichen Natur handeln, das vom Lyriker in ihr entdeckte Paradies.

Dieses Gedicht gehört zu den bekanntesten Werken deutscher Lyrik – hier finden Sie mehr berühmte Gedichte.

Eine Mondnacht in der Savanne, silhouettenartig ein Baum erkennbar, darüber groß und klar glänzend der Vollmond.
Es war, als hätt der Himmel
die Erde still geküsst.

Foto: Sergey Nivens / shutterstock.com

Hier finden Sie das Gedicht sowie einige Überlegungen/Gedanken zu seiner Interpretation. Auf dieser Seite finden Sie mehr Lyrik von Eichendorff, beim Gedichtefreund haben wir noch „Sehnsucht“ für Sie.

Das Gedicht

Joseph von Eichendorff – Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
die Erde still geküsst,
dass sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müsst.


Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogten sacht,
es rauschten leis die Wälder,
so sternklar war die Nacht.


Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.

Gedanken zur „Mondnacht“

Eines der wenigen Gedichte, an die ich mich aus der Schulzeit noch erinnere, ist Eichendorffs Mondnacht.

Ich kann mich auch heute noch daran erinnern, wie ich schon damals versuchte, mich in Eichendorff einzufühlen: Ein junger, romantischer und wohl recht melancholischer Mann, der vielleicht nachts nicht schlafen kann. Er zieht sich seinen Mantel über, geht hinaus aus seiner Bleibe und spaziert einen Feldweg entlang.

Der Mond, eben noch von einer Wolke bedeckt, zeigt sich endlich und beleuchtet das Tal, über das der junge Joseph nun einen weiten Blick schweifen lassen kann.

Und dann war es ihm, als hätte der Himmel die Erde still geküsst. Himmel und Landschaft lassen sich in der Dunkelheit kaum mehr abgrenzen. Die Erde, nun dem Himmel so nah wie nie, mit all ihrer Schönheit und ihrem Blütenglanz, kann ihm nur in der Mondnacht so nah sein, und sie will ihm nah sein, trotz all dem, was sie zu bieten hat.

Der Himmel bringt einen Wind mit sich, den nicht nur Eichendorff auf seiner Haut, sondern auch die Felder spüren, als würde der Himmel auf seine Art der Erde durch das Haar fassen, sie streicheln. Auch die Wälder rauschen.

Und Eichendorff, der Romantiker und Melancholiker, fühlt sich von dieser Umarmung zwischen Himmel und Erde beseelt. Natürlich interpretiert er die Nähe der beiden gegensätzlichen Entitäten als göttlich gefügt, als zeige sich in ihr nicht nur die Nähe zwischen Himmel und Erde, sondern zwischen ihm und Gott.

Seine Seele flattert aus ihm heraus, nimmt die wunderbare Natur auf, wird von ihr aufgenommen und bei Gott findet er nach Haus, oder, wie Schlauere es interpretierten, er findet „nach Haus“ ins Paradies, das immer schon da war, sich aber nie so klar zeigte wie in dieser Mondnacht.

Der echte Eichendorff, dessen Seele zwar ausgeflogen, aber wohl auch irgendwie bei ihm geblieben war, geht indes zurück zu seinem Haus, mit einem friedlichen, obschon melancholischen Lächeln, legt sich zurück ins Bett und kann endlich einschlafen.

So ungefähr muss es gewesen sein, damals 1837, als der junge Mann seine Mondnacht verfasste. Glauben Sie nicht? Sie wollen gar behaupten, dass Eichendorff 1837 schon 49 und beileibe nicht mehr „jung“ war. Ach, glauben Sie doch, was Sie wollen. Wir leben in Zeiten alternativer Fakten!

Wie gesagt: So ungefähr muss es gewesen sein.

Vielleicht interessiert Sie noch ein anderes Gedicht, das sich mit dem Mond befasst (und in etwa aus der gleichen Epoche wie Eichendorffs Mondnacht stammt), und zwar „Der Spinnerin Nachtlied“ von Clemens Brentano.

Gedicht über Sterne und Planeten

Dies ist nur ein kleines Gedicht
über Sterne und Planeten.
Die meisten davon sieht man nicht:
Doch sie hängen in riesigen Paketen
am Himmel, ganz weit fern.
Dort drehen sie sich immerzu
ob Planet, Komet, ob hellster Stern,
man fragt sich manchmal schon, wozu
und ob sie je anhalten.
Dann liegt man da, nachts auf dem Rücken
auf dem weichen und dem kalten
Boden, nur umspielt von Mücken
ohne Lampen, ohne Kerze
man sieht vorbei an all den Sternen
und sieht noch tiefer in die Schwärze
und scheint sich weiter zu entfernen
von allem, was dem Menschen lieb.
Und man fragt sich, wohin alles führt
und man fragt sich, wofür es uns gibt
und wie es dann den Hals zuschnürt
steht man auf und geht hinein.
Im Kopf noch Sterne und Planeten
und man ist ganz froh, noch hier zu sein
und nicht dort oben, in Raketen
und man legt sich hin, schläft langsam ein
träumt ein paar unruhige Träume,
träumt von unstetem Planetenschein.
Und schlägt tieftraurig-glücklich Purzelbäume.