Christian Morgenstern: Die Drei Spatzen

„Die drei Spatzen“, eines der berühmtesten deutschen Kindergedichte, wurde erstmals nach dem Tod Morgensterns 1921 veröffentlicht. Seitdem wurde es in unzähligen Büchern für Kindergarten und Grundschule abgedruckt.

Dieses Gedicht gehört zu den bekanntesten Werken deutscher Lyrik – hier finden Sie mehr berühmte Gedichte.

Die drei Spatzen - vielleicht die aus dem Gedicht - auf einem dorrigen Strauch im Winter.
In einem leeren Haselstrauch
Da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.
Foto von P A auf Unsplash

Hier finden Sie den Text des Gedichts sowie eine kurze Interpretation, auch „Die unmögliche Tatsache“ von Morgenstern haben wir für Sie parat. Und hier finden Sie noch mehr Tiergedichte für Kinder und Erwachsene.

Viel Spaß!

Das Gedicht

In einem leeren Haselstrauch
Da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.

Der Erich rechts und links der Franz
Und mitten drin der freche Hans.

Sie haben die Augen zu, ganz zu,
Und obendrüber da schneit es, hu!

Sie rücken zusammen dicht an dicht.
So warm wie der Hans hats niemand nicht.

Sie hören alle drei ihrer Herzlein Gepoch.
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.

Gedanken zum Gedicht

Bei den „Drei Spatzen“ handelt es sich wohl einerseits um ein Wintergedicht – das wird schon gleich zu Beginn deutlich, im „leeren Haselstrauch“, und kalt scheint es auch zu sein, denn dem Hans in der Mitte wird es warm neben seinen Freunden.

Der Winter steht jedoch meines Erachtens hier nicht im Vordergrund. Genauso handelt es sich hier sicherlich um ein humorvolles, lustiges Gedicht; aber auch um ein Kindergedicht und auch – wie ja bei vielen Gedichten im Subtext mitschwingend – um ein moralisches Gedicht, oder zumindest eines, das dem (kindlichen) Leser mehr nahebringen soll, als seine Oberfläche.

Christian Morgenstern ist hinreichend bekannt als Dichter humoriger, teils sogar obskurer Gedichte, wie dem Gruselett, er hat jedoch auch eine Reihe Gedichte geschrieben, die sich primär an Kinder richten. Auch aus heutiger Sicht ungewöhnlich für eine Epoche, in der andere Dichter bierernst und höchstens hochromantisch waren (immerhin teilt Christian Morgenstern 39 seiner nur 43 Lebensjahre mit Rainer Maria Rilke), schafft Morgenstern natürlich auch hier mehr, als nur einen komischen und süßen Kinderreim zu schreiben.

Denn was sind denn die drei Spatzen mit – für die damalige Zeit – typischen Kindernamen? Eben: Sie sind Kinder, und frech sind sie teilweise obendrein. Nun kommt für diese drei frechen Kinder eine schwere Zeit, der Winter, hu!, und sie müssen sich eine Strategie zurechtlegen, damit klar zu kommen. Sie setzen sich also dicht aneinander. Und abgesehen davon, dass sie es nun warm haben und (hoffentlich) gemeinsam die kalte Jahreszeit überstehen, lernen sie sich noch deutlich besser kennen: Sie spüren das Herz der jeweils anderen klopfen. Das Herz mit seinen Ängsten und Vorlieben, mit seinen Sorgen und Frechheiten. Besonders warm hat es der Hans, der sich mit den meisten Freunden umgibt und somit am meisten mit ihnen teilt.

Es gibt also eine Moral von der Geschicht: In schweren Zeiten zusammenzustehen, und sei es auf einem dünnen Ast, bringt uns einander näher und kann uns helfen, diese Zeiten zu überstehen.

Und falls Sie noch nicht überzeugt waren, dass es sich vor allem um ein Kindergedicht handelt: „Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch“, die Parallele zum klassischen „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“ des Märchens, welches sich natürlich an Kinder richtet.

Und ja: Bei mir schwingt ein bisschen mit, dass sie dort auch festgefroren sein könnten, was natürlich die vermeintliche Aussage des Gedichtes zunichte machen würde. Das wäre wieder ein bisschen morbide und gruselig – und würden wir Morgenstern das nicht auch zutrauen? Hu!

Der Bär steppt hip
in heller Steppe.
Er ruft „Hepp Hepp!“
dann steppt er her,
dann steppt er weg
steppt zuviel, kann dann nicht mehr
Der Bär steppt hip
in heller Steppe.

Mehr Kindergedichte

P.S.:

Wenn Sie schon mal hier sind – wie wäre es mit einem winterlichen Haiku ?

Er schwebt in der Luft:
Ein Geruch, der näher kommt.
Leiser Hauch von Schnee.

Ein Hermelin steht allein
das Schneetreiben wird dichter
Jetzt nur noch der Schnee.

Äste brechen unter Last
Weißes Puder schwebt umher
Kein Geräusch entsteht.

Noch mehr Haiku finden Sie hier.

Drei Klimawandelspatzen

Auf einer immergrünen Palme
sitzen drei Spatzen auf der Alme.

Der Kevin links und recht der Jason
und in der Mitte stolz der Connor-Mason.

Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und die Sonne brüllt, jahu!

Sie rücken auseinander, nicht ganz dicht.
So warm wollten sie es nicht.

„Es ist schon eine heiße Epoch,“
sagt Jason, „zum Glück leben wir noch.“

Der Kakadu

Der Kakadu
der Kakadu
macht nie beim Kack
die Türe zu.

Es schimpft dann laut
der Kakadu:
„Hau ab,
ich mache Kaka nu!“